Nik Staiger spricht mit Janik Haberer über das vergangene Spiel gegen Bielefeld, die aktuelle Saison des SC Freiburg, seine Zeit seit dem Wadenbeinbruch und wie es für ihn beim SC Freiburg weitergehen könnte. (11.01.2022)
Nik Staiger: Am vergangenen Spieltag hast du gegen Bielefeld ein frühes Führungstor für den SC Freiburg geschossen. Wie hast du es erlebt?
Janik Haberer: Es war ein schönes Gefühl, mal wieder zuhause zu treffen. Es hat uns gut getan. In Folge hatten wir dann noch einige Chancen in der ersten Halbzeit, von daher war es ein super Start ins Spiel.
Das Tor fiel aus einem 18m-Fernschuss – wie ist der Gedankengang, wenn man zu so einem Schuss ansetzt?
Volles Risiko. Entweder er geht irgendwo in den vierten Stock. Oder du triffst ihn halt gut und er schlägt ein. Ich war etwas handlungsschneller als mein Gegenspieler, komme ein bisschen früher ran. Es war dann natürlich top, dass er links unten reingegangen ist.
Du warst auch am zweiten Tor beteiligt. Da hast du einen Klärungsversuch vor Bielefelds Sechzehner zu Grifo weitergeleitet, worauf das Tor folgte. Wie zufrieden bist du mit deiner Gesamtleistung im Spiel?
Verbesserungspotential gibt es immer, auch in diesem Spiel. Allerdings ist meine Tendenz in den letzten Spielen positiv. Ich bin auf einem guten Weg, trainiere gut und bringe jetzt auch in den Spielen meine Leistungen. Das freut mich natürlich.
Im Ballbesitz hast du dich häufiger in die Abwehrkette fallen gelassen. Eine Rolle, die für dich eher ungewöhnlich ist. Wie kam es dazu?
Es kommt immer drauf an, ob wir mit zwei Innenverteidigern oder in Kombination mit einem Sechser aufbauen. Normalerweise übernimmt das eher Chicco, aber das ist immer an den Gegner angepasst. In diesem Spiel hatte ich das Gefühl, dass ich häufiger viel Platz auf meiner Seite hatte, deshalb habe ich mich etwas tiefer fallen lassen. Wir haben da natürlich unsere Muster, wie wir gerne den Spielaufbau gestalten würden, aber das ist gegnerabhängig. Es kommt auch darauf an, wie man die Situation sieht, da ist man dann auch frei in seiner Rolle.

In einer Jubeltraube, Haberer traf, wie diese Saison, 2016/17 gegen die Bayern (Quelle: nur-der-scf.de)
Der kommende Gegner Borussia Dortmund ist nochmal ein anderes Kaliber als Arminia Bielefeld. Trotzdem konnte der SC die letzten beiden Spiele gewinnen. Worauf kommt es an, damit das wieder gelingt?
Erstmal defensiv gut stehen. Die Tore, die wir gegen Bielefeld gekriegt haben, waren auf jeden Fall zu einfach. Die Möglichkeiten sollten wir Dortmund nicht geben. Dann müssen wir einen guten und ordentlichen Ballbesitz haben. Wenn wir in unsere Umschaltaktionen kommen, müssen wir sie sauber ausspielen. So gibt es Möglichkeiten gegen Dortmund. Aber sie sind ein brutales Brett. Wenn an dem Tag nicht alles stimmt, wird es sehr schwierig.
Wie unterscheiden sich solche Spiele emotional?
Man freut sich natürlich, gegen die Top-Teams der Liga zu spielen. Das ist immer ein Anreiz, sich mit den Besten zu messen. Es wäre natürlich schön gewesen, am Freitagabend in Dortmund mit Zuschauern zu spielen, das ist leider nicht möglich. Es ist aber trotzdem ein Highlight für uns.
Christian Streich sagte zuletzt, dass deine vielen Jokereinsätze auch eine ziemliche Anerkennung sind. Fühlst du das ähnlich oder gelten für dich hauptsächlich Startelf-Einsätze?
Wir befinden uns immer noch in der Bundesliga. Da ist es nicht so einfach, auf Spielzeit zu kommen. Wir haben eine top Mannschaft und da würde gerne jeder von Anfang an spielen. Leider gibt es nur elf Plätze. Ich war aber immer Mann Zwölf oder Dreizehn und wurde regelmäßig eingewechselt. Ich versuche, der Mannschaft zu helfen, egal ob ich von Anfang an spiele oder von der Bank komme. Deshalb sehe ich mich als wichtigen Teil des Teams.
Dabei hilft dir auch deine Positionsvielfalt. Du bist quasi das Schweizer Taschenmesser der Offensive. Wie hat sich das entwickelt?
In der Jugend habe ich relativ offensiv gespielt. Über die Zeit ging es dann immer weiter nach hinten. Ich glaube, dass ich dieses Jahr relativ viel auf meiner Position – der Sechs oder Acht – zum Einsatz kam. Aber wenn ich vorne eingewechselt bin, versuche ich auch, Drang aufs Tor zu kriegen und gefährlich zu werden. Dass ich in der Jugend schon viele Positionen begleitet habe, hat dann auch Einfluss auf meine Profikarriere genommen.

Haberers Einsätze für den SC Freiburg gegliedert nach Position (Quelle: Transfermarkt)
Fördert Vielfalt die Entwicklung oder ist es durch die vielen Positionswechsel sogar hinderlich?
Natürlich würde ich immer gerne auf meiner Position spielen. Aber wenn mal jemand fehlt oder der Trainer mich woanders einsetzen will, ist das auch eine Anerkennung. Das heißt, dass du mehrere Positionen gut bekleiden kannst. Daher macht mir das nichts aus.
Du hast die Sechs bzw. Acht als „meine Position“ bezeichnet. Ist das deine Wunschposition?
Das ist die Position, die ich in den letzten Jahren am meisten gespielt habe. Da fühle ich mich sehr wohl.
Deine erfolgreichste Karrierephase hattest du bis 2020. Bis dahin hast du jedes Spiel gemacht und dich individuell verbessert. Was passierte im Sommer 2020, als sich das verändert hat?
Ich glaube, da wurde genug berichtet. Auch viele Dinge, die nicht gestimmt haben. Das Thema möchte ich lieber ruhen lassen.
Danach bist du wieder in die Mannschaft aufgenommen worden, hast deine Verletzung auskuriert und dich zuletzt auch in die Startelf zurückgekämpft. Was hat das mit dir gemacht und was kannst du daraus für dich mitnehmen?
Es war meine erste große Verletzung über sieben Monate. Ich habe einiges über meinen Körper gelernt, auch wie die Abläufe in der Reha sind. Und wie es dann ist, zurück ins Mannschaftstraining zu kommen. Einfach immer dranbleiben, immer alles geben und auf seine Chance warten. Wenn man alles dafür tut, wird man früher oder später auch belohnt.
Jetzt stehst du möglicherweise vor einem Wendepunkt deiner Karriere. Im Sommer läuft dein Vertrag aus. Weißt du schon, wie es weitergeht?
Da kann ich momentan nichts zu sagen. Ich freue mich derzeit, dass es super läuft und ich spiele. Mehr weiß ich selbst nicht.
Kannst du dir vorstellen, deinen Vertrag beim SC Freiburg zu verlängern?
Ich fühle mich hier sehr wohl. Ich bin schon sechs Jahre hier, das zeigt auch, dass ich mich die Jahre immer wohl gefühlt habe. Allerdings ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar, was im Sommer passiert. Wir werden es dann sehen.
Sechs Jahre – du hast deine halbe Profikarriere beim SC Freiburg verbracht. Was ist deine schönste Erinnerung an diese Zeit?
Da waren viele schöne Momente dabei. Das erste Bundesliga-Spiel. Das erste Bundesliga-Tor. Der Klassenerhalt am letzten Spieltag. Die Qualifikation zur Europa League. Es gab für mich selbst wie für die Mannschaft viele Highlights. Es fällt mir schwer, da eine Erinnerung raus zu picken.

Haberer beim Pflichtspiel- und Tor-Debüt im Pokalspiel gegen Babelsberg 03 (Quelle: nur-der-scf.de)
Ein Klassenerhalt am letzten Spieltag – wie viel Druck herrscht da auf einen Spieler und wie ist das Gefühl, es geschafft zu haben?
Es fühlt sich überragend an. Das war eine brutale Drucksituation. Damals war es auch nicht so einfach, weil wir viele Verletzte hatten und hinten reingerutscht sind. Am letzten Spieltag gegen Augsburg haben wir aber 2:0 gewonnen. Da war man einfach nur erleichtert und hat sich auf den Urlaub gefreut.
Bevor du zum SC Freiburg gewechselt bist, hast du auf Leihbasis für den VfL Bochum gespielt. Als einziges Team habt ihr gleich zwei Mal den späteren Zweitligameister SC Freiburg bezwungen. Wie habt ihr das geschafft, habt ihr Christian Streich entschlüsselt?
Ich denke nicht, dass es da eine Musterlösung gibt. Mein damaliger Trainer hatte ein klares Spielsystem und wollte das gerne auf den Platz bringen. Das war nicht immer auf den Gegner angepasst, er wollte einfach seinen Plan und seine Taktik umsetzen. Das hatte nichts speziell mit dem SC Freiburg zu tun. Wir hatten damals eine sehr gute Mannschaft und haben zu dem Zeitpunkt guten Fußball gespielt.
Danach kam dein Wechsel zum SC. Wie sehr hat der Verein sich seitdem verändert?
Anfangs hat man immer um den Abstieg gekämpft. Es wurde auch ein paar Mal eng. Jetzt ist die Tendenz aber, dass wir uns stetig verbessert haben. Über das Mittelfeld stehen wir jetzt etwas weiter oben. Der Fußball in unserer Mannschaft hat sich weiterentwickelt, er wurde qualitativ besser. Aber die Grundlagen im Verein sind gleich geblieben.
Inwiefern hast du selbst dich in dieser Zeit verändert?
Menschlich bin ich immer noch wie vor 10 Jahren. Fußballerisch bin ich meine Schritte in der Entwicklung gegangen. Es gibt noch Schritte, die vor mir liegen, aber ich bin immer noch derselbe Junge und derselbe Fußballer wie damals.
Welche Schritte sind das?
Ich möchte viel spielen. Tore schießen, Vorlagen geben und einfach gut spielen. Die Dinge, die jeder Fußballer gerne macht. Diese Saison habe ich schon zwei Tore geschossen, das dürfen aber natürlich noch mehr werden.
Was sind deine Ziele für diese Saison?
Nach der Vorrunde wollen wir oben im Strudel dabei bleiben. Wie weit wir das bis zum Ende der Saison schaffen, wird man dann sehen, aber das sind natürlich der Anspruch und die Motivation von uns. Persönlich möchte ich häufiger von Beginn an spielen und mit guten Leistungen zu den Mannschaftszielen beitragen.
Nochmal Lust auf Europa League oder geht da sogar mehr?
Schwierige Frage! Da oben ist es brutal eng. Auch hinter uns ist es sehr nah beieinander. Da werden wir sehen, wie die Rückrunde verläuft, aber prinzipiell wollen wir immer das Höchste erreichen. Das ist nicht einfach. In der Bundesliga spielen die besten Spieler. Wir müssen abwarten, wie wir die nächsten Wochen gestalten können und wo unser Weg hingeht.
Quelle Titelbild: nur-der-scf.de
Autor: Nik Staiger (Twitter @Nik_Staiger)
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