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Europa League-Sieger ohne Eigengewächse: Eintracht Frankfurt
Europa League-Sieger ohne Eigengewächse: Eintracht Frankfurt

Problem Eigengewächse: Eintracht Frankfurts Champions League-Kader

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Bereits beim Europapokal-Triumph musste Frankfurt mit einem dezimierten Kader antreten. Keine Eigengewächse! Wie schlimm sind Eintracht Frankfurts Probleme mit dem Champions League-Kader?

Regeln für die Registrierung: Die A-Liste

Die Regeln zur Zusammenstellung eines Kaders für UEFA-Wettbewerbe sind nicht ganz einfach. Dabei gibt es eine A-Liste, eine B-Liste und verschiedene Regeln, wer über welche Liste nominiert werden darf. Die A-Liste ist die „normale“ Kader-Liste. Sie umfasst maximal 25 Spieler. Von diesen 25 Kader-Plätzen können jedoch nur 17 frei registriert werden, die anderen Plätze haben spezielle Voraussetzungen.

Auf der A-Liste müssen mindestens acht Verbands-Eigengewächse („Local Player“) stehen. Das bedeutet, dass sie zwischen dem 15. und 22. Geburtstag mindestens drei volle Saisons für einen Verein im Verband (in diesem Fall dem DFB) spielberechtigt gewesen sein müssen. Außerdem müssen mindestens vier Spieler Vereins-Eigengewächse sein, d.h. sie waren im selben Zeitraum mindestens drei Saisons für den Verein spielberechtigt.

Die Vereins-Eigengewächse fungieren in Doppelfunktion immer auch als Verbands-Eigengewächse, weshalb man in der Regel von „4+4“ Eigengewächsen spricht, d.h. vier Vereins- und zusätzlich vier Verbands-Eigengewächse. Kann man von diesen acht Plätzen nicht alle passend besetzen, muss die Anzahl Plätze frei bleiben. So passiert in der letzten Saison, als Eintracht Frankfurt nur drei Vereins-Eigengewächse stellen konnte und nur 24 Spieler auf der A-Liste haben durfte.

Registrierung der B-Liste und Torhüter

Die B-Liste ist für Nachwuchsspieler vorgesehen. Hierfür ist berechtigt, wer unter 21 ist (Stichtag 01.01.2001, d.h. wer in diesem Jahr erst 21 geworden ist, zählt als U21) und schon zwei volle Saisons für den Verein spielberechtigt war. Die B-Liste hat keine Beschränkung in der Anzahl der Spieler. Außerdem gibt es keine Deadline, Spieler können noch am Vortag der Spiele auf die B-Liste gesetzt werden.

Spezielle Regeln gibt es auch für Torhüter. Im 25-Mann-Kader der A-Liste müssen zwei Torhüter enthalten sein. Jedoch gibt es eine Sondersituation: Verletzt sich ein Torhüter länger, kann der Verein einen weiteren Torhüter nachnominieren. Auch das war bei Frankfurt 21/22 zu sehen. Als Diant Ramaj sich schwer verletzte, wurde Jens Grahl nachnominiert. Einen dritten Torhüter auf der A-Liste zu haben, lohnt sich also selten. Beliebter ist es, einen dritten über die B-Liste mitzunehmen. In der Saison 21/22 war das Jannik Horz.

Keine Eigengewächse, schwache Struktur: SGE-Kader im UEFA-Check

Bei der Kaderplanung beginnt man von hinten. Spieler, die über die B-Liste nominiert werden können, braucht man für die A-Liste nicht mehr einzuplanen. Von den sechs für die B-Liste verfügbaren Spielern hat noch kein einziger ein Profispiel für die Eintracht absolviert: Antonio Foti (OM), Jannik Horz (TW), Mehdi Loune (ZM), Fynn Otto (IV), Martin Pecar (LF) und Jan Schröder (LV).

Auch die Vereins-Eigengewächse sind derzeit rar gesät. Nachdem im letzten Jahr schon ein Platz auf der A-Liste ungenutzt blieb, wären es beim aktuellen Stand sogar zwei. Nur Timothy Chandler (RV) und Evan N’Dicka (IV) sind vor ihrem 22. Geburtstag drei Jahre im Verein gewesen. Wechselt N’Dicka in diesem Sommer, dürfte man sogar nur 22 Spieler über die A-Liste nominieren.

Breiter aufgestellt, nämlich mit neun Spielern, ist man bei den Verbands-Eigengewächsen. Auch dank sechs entsprechenden Zugängen seit letztem Sommer sind diverse in Deutschland ausgebildete Spieler vorhanden: Faride Alidou (LF), Erik Durm (RV), Jens Grahl (TW), Ansgar Knauff (RF), Christopher Lenz (LV), Diant Ramaj (TW), Sebastian Rode (ZM), Kevin Trapp (TW) und Marcel Wenig (OM).

Eins von zwei Eigengewächsen: Evan N'Dicka

Evan N’Dicka könnte im Sommer wechseln, wird jedoch als Eigengewächs gebraucht. (Foto: Eintracht Frankfurt)

Großer Kader, schlechte Jugendarbeit

Auch die Betrachtung der UEFA-Regularien zeigt: Der Kader ist zu groß! Von 35 Spielern sind nur sechs über die B-Liste nominierbar. Mit zwei Leerstellen müssen daher 29 Spieler in 23 Kaderplätze gepresst werden. Dabei nicht als Eigengewächse gelten: Ragnar Ache (MS), Ali Akman (MS), Rafael Santos Borre (MS), Nacho Ferri (MS), Jens-Petter Hauge (LF), Makoto Hasebe (DM), Martin Hinteregger (IV), Ajdin Hrustic (ZM), Kristijan Jakic (DM), Daichi Kamada (OM), Filip Kostic (LF), Jesper Lindström (OM), Randal Kolo Muani (MS), Jerome Onguene (IV), Goncalo Paciencia (MS), Djibril Sow (ZM), Almamy Toure (IV) und Tuta (IV).

Im Kader sind zu wenig Vereins-Eigengewächse und zu wenig junge Spieler, die schon eine Rolle bei den Profis spielen und über die B-Liste nominiert werden könnten. Da nur zwei Torhüter nominiert werden müssen, wird Jens Grahl wohl nicht auf der A-Liste stehen. Die Talente Nacho Ferri (U19) und Marcel Wenig (U23) werden wohl ebenfalls keinen Platz im Champions League-Kader finden.

Mögliche Kaderplanung ohne zwei Eigengewächse

So könnte die Kaderplanung von Eintracht Frankfurt aussehen – ohne sechs Spieler mit Profivertrag.

Dabei gäbe es einige spannende Profis, die als Eigengewächse gelten könnten, diese spielen aber bei anderen Vereinen: Luca Waldschmidt (MS, VfL Wolfsburg), Marc Oliver Kempf (IV, Hertha BSC), Marvin Schwäbe (TW, 1. FC Köln), Marco Meyerhöfer (RV, Greuther Fürth), Anthony Jung (LV, Werder Bremen), Sonny Kittel (OM, Hamburger SV), Patric Klandt (TW, vereinslos) oder Cenk Tosun (MS, FC Everton).

Eigengewächse einkaufen für die Champions League?

Doch was bedeutet die aktuelle Situation für Eintracht Frankfurt? Kaderplaner Ben Manga hat es zumindest nicht einfach. Zusammen mit Sportvorstand Markus Krösche muss Manga den Kader so schrumpfen, dass niemand beleidigt ist, weil er nicht im Champions League-Kader stehen kann. Gleichzeitig muss er die Mannschaft jedoch verstärken. Geht das mit Eigengewächsen?

Die meisten aus der Liste dürften schwierig werden. Einen Marvin Schwäbe wird Köln nicht hergeben, zumal dieser sich nicht hinter Kevin Trapp auf die Bank setzen wird. Marc Oliver Kempf wechselte erst im Winter nach Berlin und wird die Hertha vermutlich nicht so schnell verlassen. Bei Marco Meyerhöfer, Anthony Jung, Patric Klandt und Cenk Tosun darf bezweifelt werden, ob sie Eintracht Frankfurt tatsächlich helfen könnten.

So bleiben vor allem zwei Namen: Sonny Kittel und Luca Waldschmidt. Sonny Kittel spielt auf der Zehn oder als Linksaußen in der zweiten Liga. Beim HSV ist er Leistungsträger. Bei der Eintracht könnte er eine Backup-Rolle einnehmen. Doch würde er sich für die Champions League auf die Bank setzen? Waldschmidt wäre das einzige Eigengewächs, das die Eintracht verstärken würde und gleichzeitig ein Interesse haben könnte, in die Heimat zurückzukehren. Beim VfL Wolfsburg sieht die Perspektive schlecht aus.

Registrierung des Bundesliga-Kaders

In der Bundesliga gibt es zwar ähnliche Regeln, jedoch mit einem entscheidenden Unterschied. Es müssen zwar ebenfalls „4+4“ Eigengewächse im Kader sein, jedoch müssen weiterhin zwölf Lizenz-Spieler aus Deutschland kommen. Da es für den Bundesliga-Kader aber keine Obergrenze von 25 Spielern (und entsprechend keine B-Liste) gibt, tricksen hier viele Vereine und geben deutschen Eigengewächsen aus der U19 oder U23 Profiverträge, um diese zwölf Lizenzspieler und acht Eigengewächse aufzufüllen.

So auch Eintracht Frankfurt im vergangenen Jahr. Mit Gianluca Schäfer (Vertrag läuft aus) und Jan Schröder (Vertrag bis 2023) nahm man zwei U19-Spieler unter Vertrag, die auf zwölf deutsche Lizenzspieler auffüllten. Ergänzt um die sechs B-Listen-Spieler hat man hat man diese Saison die vier Eigengewächse zusammen. Mit den Neuzugängen und Aufrückern kommt der Kader auf 14 deutsche Lizenzspieler. Wechseln hier mehr als zwei, muss man wohl erneut einen U19-Spieler schein-befördern.

Quelle Titelbild: Eintracht Frankfurt

Autor: Nik Staiger (Twitter @Nik_Staiger)

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