Balljungs – Der Fußball Blog
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Regionales

Eintracht Frankfurt und Co.: So nutzt die Region KI im Fußball

Der Profifußball erlebt seit einigen Jahren eine technologische Revolution: Künstliche Intelligenz (KI) durchdringt zunehmend Scouting, Analyse und Kaderplanung.

Besonders im datengetriebenen Fußball eröffnet KI ganz neue Möglichkeiten, Talente zu erkennen und Prozesse effizienter zu gestalten. Dieser Artikel beleuchtet, wie Vereine aus dem Rhein-Main-Gebiet – insbesondere Eintracht Frankfurt – KI einsetzen, welche Tools sie verwenden und welche Rolle der menschliche Faktor dabei weiterhin spielt.

Gesamtüberblick: Rhein-Main-Region & KI

Clubs im Rhein-Main-Gebiet setzen unterschiedlich auf KI – von hoch entwickelten Algorithmen bei Eintracht Frankfurt über kombinierte Modelle bei Mainz 05 und Darmstadt 98 bis hin zu pragmatischem Profiling bei Kickers Offenbach, FSV Frankfurt und Wehen Wiesbaden.

Eintracht Frankfurt – Am Puls der KI

Bei Eintracht Frankfurt spielt herkömmliche KI «im aktuellen Scouting keine Rolle», wie der Club betont. Dennoch nutzen sie eine eigens entwickelte, datenbasierte Software. Sportvorstand Markus Krösche hat mit seinem Team einen Algorithmus entwickelt, der Talente basierend auf Position, Alter, Tempo, Mentalität, familiären Hintergrund und Verhalten filtert. Zentrale Kriterien sind auch weiche Faktoren wie Bildung und Umgang auf dem Platz (ZDF – Zahlen, Daten, Fakten). Die KI selektiert zunächst rund 20 Kandidaten, daraus wird eine Handvoll ausgewählt, die dann bei mindestens fünf Spielen live beobachtet werden. Herausfordernde Talente wie das schwedische Juwel Hugo Larsson oder der Torwart Kaua Santos (Flamengo U20) wurden so entdeckt.

Der Scout Tom Reynolds fasst die Strategie so zusammen: «Wir wissen, was wir wollen. Jeden Spieler, den wir scouten, muss in unser System passen.» Die Identität des Klubs – geprägt von Tempo, Umschaltspiel und junger Altersstruktur – entscheidet über die Auswahl.

FSV Mainz 05 – daten- und KI-gestütztes Scouting

Mainz setzt seit Jahren auf Datenplattformen, die Event-, Tracking- und Positionsdaten visualisieren. KI unterstützt dabei, Spieler zu finden, die ins gesuchte Anforderungsprofil passen. Entscheidend ist jedoch die Kombination: KI, Daten, Live- & Videoscouting sowie persönliche Gespräche – die finale Entscheidung wird niemals rein algorithmisch getroffen.

SV Darmstadt 98 – Datenmodell, Visualisierung und KI

Darmstadt sieht sich als Innovationsverein. Sportdirektor Paul Fernie erklärt, dass ein spezielles Datenmodell hilft, Spieler zu identifizieren, die zur Spielidee passen. KI unterstützt dabei, große Datenmengen zu verarbeiten und passende Profile einzugrenzen. Essenziell bleibt der Dreiklang aus Daten, Video und Live-Scouting – und persönlicher Einschätzung.

Zur Effizienzsteigerung im Scouting und zur Visualisierung setzt SV 98 auf eine technische Infrastruktur: Mit Woodmark wurden über AWS Glue und Amazon QuickSight ein zentraler Data Lake eingeführt und Dashboards erstellt. Das Ergebnis: objektive Spieleranalyse, bessere Visualisierung von KPIs und deutlich optimierter Zugang zu Daten.

Außerdem nutzt Darmstadt Wearable-Daten via Catapult: Pro Trainingseinheit werden ca. 1000 Datensätze pro Spieler erfasst, um Trainingssteuerung und Regeneration zu verbessern. Messbare Ziele wie Ausfalltage, Sprintleistung oder Kraftwerte werden gesetzt und überwacht.

Kickers Offenbach, FSV Frankfurt & Wehen Wiesbaden – pragmatische Ansätze

Verein Ansatz Zitat / Hintergrund
Kickers Offenbach Profil-basierte Scouting-Methodik; Video-Sichtung; Aufbau Scoutingabteilung «Solche Systeme können sich Regionalligisten nicht leisten … Wir erstellen stattdessen für jede Position ein Profil» – Christian Hock.
FSV Frankfurt Daten- & videobasierte Selektion; finanzielle Klärung vor Treffen «Wir haben kein spezielles KI-Programm … erfüllt ein Spieler ein Profil, dann wird er kontaktiert … bei dem Treffen entscheidet: passt es?» – Tim Görner.
Wehen Wiesbaden Finanzielle Einschränkungen verhindern KI-Einsatz K.Hock: «Für den SV Wehen Wiesbaden war das nicht erschwinglich.

KI-Tools & Plattformen im Überblick

In Echtzeit‐Abfragen und KI‐gestütztes Scouting ermöglichen Plattformen wie Plaier und SCOUTASTIC. Laut einem Gründer von Plaier trifft die KI bei 8,5 von 10 Spielern die „richtige“ Entscheidung – deutlich effizienter als menschliche Scouts. Die Tools kosten für Bundesligisten bis zu 130.000 € jährlich und sollen Scouts unterstützen, nicht ersetzen.

Auf dem Transfermarkt simuliert KI wie bei Harry Kane Prognosen zur Tordifferenzverbesserung – hilfreich für Transfers, aber nicht allein entscheidend.

Ein Überblick:

  • Plaier / SCOUTASTIC: KI-Scouting mit hoher Trefferquote, Kosten variieren.
  • Woodmark + AWS Tools: Datenintegration, Visualisierung (SV Darmstadt 98).
  • Catapult: Wearable-Analyse zur Trainingssteuerung und Verletzungsprävention (SV Darmstadt 98).
  • Vereinsinterne Algorithmen: Frankfurt entwickelt eigenes Scouting-Tool, maßgeschneidert.

Chancen & Grenzen

Chancen:

  • Schnelleres Screening großer Datenmengen
  • Objektivere Evaluation, weniger Bias
  • Effizientere Talententdeckung (z. B. unbekannte Ligen oder Spieler)
  • Visual Support bei Integration und Trainingssteuerung (z. B. simultane Übersetzungen, Bewegungsdaten)

Grenzen:

  • Kostentechnisch anspruchsvoll – kleinere Clubs meist ausgeschlossen
  • Technische Infrastruktur erforderlich (Daten, Dashboards, Plattformen)
  • Persönliche Gespräche und Vereinspassung bleiben essenziell
  • Überbewertung könnte zu Fehlentscheidungen führen, wenn emotionale und taktische Aspekte ignoriert werden

Perspektive & Ausblick

Die Entwicklung zeigt: KI wird im Fußball allgegenwärtig – bei Profivereinen zunehmend standardisiert, bei Regionalligisten bisher eher punktuell. Mögliche Zukunftsszenarien:

  • Vereinsinterne Weiterentwicklung von Algorithmen (z. B. Frankfurt)
  • Cloud-basierte, erschwingliche KI-Dienstleistungen für kleinere Vereine
  • Integration von Trainings- und Bewegungsdaten in Scoutingprozesse
  • Verstärkter Einsatz bei sprachlicher und taktischer Integration (etwa für ausländische Spieler)

Revolution bei der Talentsuche

KI hat die Talentsuche im Profifußball revolutioniert – insbesondere bei Eintracht Frankfurt, Mainz 05 und Darmstadt 98. Die Eintracht setzt auf maßgeschneiderte Algorithmen, Mainz auf etablierte Datenplattformen, Darmstadt kombiniert Visualisierung, Wearables und KI-Systeme. Regionalligisten wie Offenbach und FSV bleiben pragmatisch – mit Profiling und persönlichem Scouting.

Neben Daten wird der menschliche Blick nicht entbehrlich – denn wahre Talente müssen persönlich überzeugen. KI ist ein mächtiger Multiplikator, aber kein Ersatz. Die Zukunft verspricht demokratisierten Zugang, cloudbasierte Tools und eine stärkere technische Integration in viele Vereinsstrukturen – doch der Mensch bleibt im Mittelpunkt des Spiels.

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