Balljungs – Der Fußball Blog Rund um Bundesliga, Champions League und Europa League
Christrian Streich
Christrian Streich

Gedankenspiele von Christian Streich: Wie die Taktik des SC Freiburg entsteht

| Keine Kommentare

Der SC Freiburg unter Christian Streich zeigt sich taktisch so flexibel wie kaum ein anderes Bundesligateam. Nachdem Cheftrainer Christian Streich vor zwei Wochen beantwortete, wie er die Entscheidung zwischen Dreier- und Viererkette trifft, fragte Nik Staiger auf der Pressekonferenz vor Frankfurt, wie er über die Aufgaben- und Rollenverteilung in der Sturmreihe entscheidet. (19.11.2021)

Angesprochen auf die taktische Verwendung von Lucas Höler und Woo-Yeong Jeong eröffnet Streich, wie er auf solche Gedanken überhaupt kommt. Zuletzt spielte vor allem Jeong, der auch als „Zehner“ im 4-2-3-1 zum Einsatz kommt, auch vom rechten Flügel des 3-4-3 aus eine Art Spielmacher-Rolle auf der 10. Seine Grundposition ist dabei zwar Rechtsaußen, doch nicht erst seit Lionel Messi ist bekannt, dass ein Spielmacher nicht nur aus der Zentrale heraus arbeiten muss.

„Was liegt einem Spieler?“

Einen großen Anteil an der Taktikfindung hat natürlich, welche Spieler man zur Verfügung hat und in welchen Rollen diese ihre Stärken finden. Ist ein Spieler auf mehreren Positionen gut, kann es auch wöchentlich mal eine Position geben, auf der man ihn nicht einsetzen möchte, insgesamt sei jedoch die „Bandbreite des Wohlfühlens“, so Streich, entscheidend.

Jedoch neige man dazu, die Spieler in eine Schublade zu stecken. Anhand der Schubladen-Metapher erklärt Streich, dass man als Trainer nicht zu festgefahren sein dürfe: „Die Schubladen bei uns sind hoffentlich relativ groß und auch leicht auch wieder zu öffnen. Am besten lässt man sie ein Stück offen, damit Luft dran kommt.“

Aber auch die Frage „Wer spielt mit wem?“ ist natürlich immer wichtig. Man muss die Spieler einschätzen. „Könnte das jetzt passen? Und das fragt man sich jede Woche“, so Streich. Denn die Spieler seien bei aller Ähnlichkeit von Menschen in einigen Sachen doch unterschiedlich.

Wie die Überlegungen entstehen

„Ich hocke mich nicht hin und sage: So, jetzt muss ich darüber nachdenken“, erklärt Streich den Prozess der Taktikentwicklung. Er ist dauerhaft dabei, über taktische Entwicklungen nachzudenken. Wenn ihm etwas einfällt, unterhält er sich darüber mit seinen Co-Trainern. Aber wenn er auf einen neuen taktischen Kniff gekommen ist, geht es zur Taktiktafel:

„Gegen Mainz habe ich eher auf der Zehn mit zwei Spielern vor mir gespielt. Ich sollte hauptsächlich den gegnerischen Sechser zu machen und verhindern, dass Mainz den Spielaufbau über diesen verlagern kann. In gewissen Situationen sollte ich dann auch Stefan Bell anlaufen. Das hat ganz gut geklappt. Wir haben nicht viel zugelassen, aber leider konnten wir nach vorne wenige Torchancen kreieren, deshalb ging das Spiel dann 0:0 aus.“
Lucas Höler im Interview mit balljungs.com über seine Rolle gegen den FSV Mainz 05.

„So überlegt man halt immer, dann geht man an die Tafel und nimmt die Spieler: Lucas Höler auf die Neuneinhalb.“ Und dann läuft ihm ein Film vor dem inneren Auge ab „Der Lucas da. Oder da. Oder der Woo-Yeong. Oder der Vince [Vincenzo Grifo]? Oder Kevin Schade.“ Der Vielfalt an Ideen ist keine Grenze gesetzt. Natürlich unterhält sich Christian Streich auch mit seinen Spielern und bespricht sich, ob sie sich diese Rolle zutrauen.

Wie Kilian Sildillia zum Außenspieler wurde

Die Rolle des Außenspielers ist beim SC Freiburg sehr ambivalent besetzt. Auf der linken Spielfeldseite ist Kapitän Christian Günter absolut gesetzt. Einen wirklichen Backup gäbe es nicht einmal, denn Günter spielt immer, er ist nie verletzt. Auf der rechten Seite sind mit Lukas Kübler und Jonathan Schmid zwei Spieler im direkten Zweikampf, die beide etwas schwankende Leistungen haben und auch immer mal wieder verletzungsbedingt ausfallen. Aufgrund von Schmids schwerem Verlauf der Corona-Erkrankung ist Kübler diese Saison lange die einzige Option gewesen – das schmeckte Streich aber nicht.

Eines Abends dachte er darüber nach und ihm kam der Gedanke: „Der [Killian Sildillia] muss jetzt mal da außen spielen! Wir brauchen Optionen, der kann das doch“, geht ihm durch den Kopf. Sildillia ist zwar gelernter Innenverteidiger, doch er spielte in Testspielen bei der ersten Mannschaft in der Vergangenheit schon als Viererketten-Rechtsverteidiger. Auch bei Freiburgs U23 war seine Rolle als rechter Innenverteidiger der Dreierkette in der vergangenen Saison noch sehr flügellastig, da man häufig die dominantere offensivere Mannschaft war. Man muss auch mal mutig sein! Manchmal bespricht sich Streich einfach nur mit seinen Co-Trainern „Machen wir es jetzt oder machen wir es nicht?“ – und Mut wird belohnt. „Gegen Leipzig liefs super!“, bescheinigt der Cheftrainer Sildillia eine gute Leistung im Debüt als Außenspieler.

Autor: Nik Staiger (Twitter @Nik_Staiger)

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.