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Jugendförderung Usbekistan

Usbekistan in der Endrunde der Fußball-Weltmeisterschaft

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Was für Jahrzehnte nur ein Traum war, ist 2025 Wirklichkeit geworden: Usbekistan hat sich erstmals in seiner Geschichte für die Endrunde einer Fußball-Weltmeisterschaft qualifiziert.

Ein historischer Moment: Usbekistan auf der größten Bühne des Weltfußballs

Als erstes Land aus Zentralasien gelang dem Team von Trainer Timur Kapadze der Sprung auf die größte Bühne des internationalen Fußballs. Ein Meilenstein, der nicht nur sportlich herausragt, sondern auch ein Spiegelbild gezielter Entwicklung, kluger Nachwuchsförderung und wachsender Fußballkultur ist.

Diese Qualifikation ist kein Zufallsprodukt. Sie ist das Resultat staatlicher Förderprogramme, moderner Jugendakademien, strategischer Professionalisierung und eines tiefgreifenden Strukturwandels im usbekischen Fußball. Während Kinder in Europa Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo auf dem Trikot tragen, schwärmen junge Usbeken inzwischen für Abdukodir Khusanov – den Shootingstar von Manchester City. Usbekistan hat sich auf die Landkarte des Weltfußballs gespielt – und das mit System.

Der Weg zur WM-Endrunde: Von „Asia’s chokers“ zum Triumph

Lange galt Usbekistan als das große Versprechen des asiatischen Fußballs – aber eben auch als die tragische Figur: Der „ewige Fast-Qualifikant“. Seit der Unabhängigkeit 1991 scheiterte das Land mehrfach denkbar knapp an der WM-Teilnahme. 2013 fehlte nur ein Elfmetertor gegen Jordanien. 2017 reichte ein 0:0 gegen Südkorea nicht. Doch in der Qualifikation für die WM 2026 änderte sich das Narrativ.

Nach einer souveränen Gruppenphase schloss Usbekistan die dritte Runde der asiatischen Qualifikation hinter dem Iran, aber vor den Vereinigten Arabischen Emiraten ab. Am 5. Juni 2025 reichte ein 0:0 gegen die VAE in Tashkent zum historischen Einzug in die Endrunde. Die Mannschaft überzeugte durch eine stabile Defensive, eingespielte Mechanismen und einen unbedingten Siegeswillen. „Wir haben gelernt, wie man Spiele nicht verliert“, sagte Trainer Timur Kapadze, selbst WM-Spieler 1994 in den Juniorenrängen.

Die Schlüsselfiguren dieser Erfolgsgeschichte:

  • Timur Kapadze: Seit 2025 Cheftrainer der A-Nationalmannschaft, zuvor U23-Coach und ein wichtiges Bindeglied zwischen den Generationen.
  • Abdukodir Khusanov: Der 20-jährige Verteidiger wechselte Anfang 2025 zu Manchester City – ein Meilenstein für den usbekischen Fußball.
  • Eldor Shomurodov: Der Angreifer mit Stationen bei AS Rom und Cagliari bringt internationale Erfahrung ein.
  • Abbosbek Fayzullaev: Kreativer Mittelfeldmotor, U20-Asienmeister 2023.

Staatliche Förderprogramme und der politische Wille zum Aufstieg

Die sportliche Entwicklung in Usbekistan ist eng verknüpft mit staatlicher Steuerung und Förderung. Präsident Shavkat Mirziyoyev setzte früh auf Fußball als Instrument für nationale Identifikation und internationalen Anschluss. Seit 2018 wurden zahlreiche Dekrete verabschiedet, die den Fußball als Bildungs- und Entwicklungsfaktor verankern:

  • März 2018: Start eines landesweiten Talentförderprogramms mit Fokus auf schulische Fußballausbildung.
  • Dezember 2019: Strukturreform der Uzbekistan Football Association (UFA).
  • April 2023: Nationaler Entwicklungsplan für Jugend- und Profifußball bis 2030.

In allen 14 Verwaltungsregionen wurden moderne Fußballakademien aufgebaut. Auch in kleineren Städten wie Karshi, Andijon oder Nukus wird nun systematisch trainiert. Die Trainerteams setzen auf internationale Impulse, etwa aus Deutschland, Südkorea oder Spanien. In der Hauptstadt Tashkent wurde mit Unterstützung der UEFA eine zentrale Leistungsakademie eingerichtet, die eng mit Vereinen wie Pakhtakor oder Nasaf kooperiert.

Ein weiteres Vorzeigeprojekt: Die 2025 gestartete Referee Academy, in der erstmals in Usbekistan ein standardisiertes Schiedsrichter-Ausbildungsprogramm eingeführt wurde. Damit sollen auch die strukturellen Grundlagen des Sports professionalisiert werden – von der Basis bis zur Spitze.

Jugendakademien, internationale Titel und Exporttalente

Usbekistans Erfolg ist auch das Ergebnis systematischer Nachwuchsarbeit. Die U-Teams des Landes sorgten in den letzten Jahren regelmäßig für internationale Achtungserfolge:

  • U23-Asienmeister 2018 – erstmals im Finale besiegt man Vietnam.
  • U20-Asienmeister 2023 – das Team qualifizierte sich daraufhin für die U20-WM.
  • U17-Asienmeister 2025 – deutlicher Beleg der Nachwuchsdominanz.

Dazu kommen internationale Transfers vielversprechender Talente:

  • Abdukodir Khusanov: Wechsel zu Manchester City für kolportierte 33 Millionen Euro – ein Rekordtransfer für Usbekistan.
  • Jakhongir Urozov: Vom Nachwuchs von Pakhtakor zu Benfica Lissabon.
  • Umarali Mirzaev: Mit 18 Jahren zu CD Leganés in die spanische Segunda División.

Insbesondere der Transfer von Khusanov hat Symbolkraft. Der Innenverteidiger ist nicht nur sportlich ein Versprechen, sondern auch identitätsstiftend: „Heute tragen die Kinder nicht mehr Ronaldo auf dem Trikot, sondern Khusanov“, sagte Nationaltrainer Kapadze in einem Interview.

Professionalisierung der Liga und nationale Strukturreformen

Parallel zur Talentförderung wurde auch die heimische Liga modernisiert. Die Uzbekistan Super League wurde restrukturiert, ein Lizenzsystem nach Vorbild der AFC eingeführt, die TV-Vermarktung verbessert und Vereine zu professionellen Einheiten umgebaut. In der Uzbekistan Professional Football League (UzPFL) wurden 2024 erstmals auch eigenständige Wettbewerbe für Frauen und U19-Teams implementiert.

Klubs wie Pakhtakor Tashkent oder Nasaf Qarshi dominieren die Liga und dienen gleichzeitig als Ausbildungszentren. Die 2021 gegründete Nachwuchsmannschaft FC Olympic Tashkent ist eine Art U23-Reserve, die Spielern den Sprung in den Profifußball erleichtert.

Die Liga arbeitet eng mit internationalen Partnern zusammen – etwa mit dem World Leagues Forum oder der UEFA. Durch Hospitationen und internationale Turniere konnten Spieler, Trainer und Funktionäre wichtige Erfahrungen sammeln.

Nachhaltigkeit, Popularität und Herausforderungen

Der Weg an die Spitze ist jedoch nicht ohne Hürden. Trotz aller Erfolge ist die Infrastruktur in ländlichen Regionen noch ausbaufähig. Auch die medizinische und sportpsychologische Betreuung hinkt internationalen Standards teils noch hinterher. Zudem fehlt es der Liga an medialer Präsenz – internationale Übertragungen sind bisher kaum vorhanden.

Gleichzeitig erlebt der Fußball im Land eine regelrechte Popularitätswelle. Stadien sind ausverkauft, Nachwuchstrainingsplätze überlaufen. Kinder lernen inzwischen Fußballregeln noch vor dem Alphabet. „Der Fußball ist Teil unserer neuen Identität“, so formulierte es Präsident Mirziyoyev bei der Ehrung der Nationalmannschaft nach der WM-Qualifikation.

Die Symbolkraft der WM-Teilnahme strahlt bereits jetzt über den Sport hinaus: Sponsoren, Investoren und internationale Scouts beobachten Usbekistan mit wachsender Aufmerksamkeit. Für viele Spieler öffnet sich nun das Fenster zu einer globalen Karriere – mit Khusanov als Vorreiter.

Ausblick auf die WM 2026: Bühne für eine Fußballnation im Aufbruch

In der WM-Endrunde 2026 wird Usbekistan nicht zu den Favoriten zählen – aber zu den spannendsten Debütanten. Das Team ist jung, hungrig und taktisch gut ausgebildet. Gegner wie Deutschland, Mexiko oder Marokko dürften auf eine Mannschaft treffen, die diszipliniert auftritt und dennoch über mutige Talente verfügt.

Viel wichtiger als ein sportlicher Achtungserfolg ist jedoch die langfristige Wirkung dieser WM-Teilnahme. Usbekistan ist ein Beispiel dafür, wie strategische Planung, politische Unterstützung und professionelle Ausbildung ein Entwicklungsland des Fußballs auf Weltniveau heben können. Die Kinder, die heute Khusanov-Trikots tragen, könnten morgen selbst das Nationaltrikot überstreifen – weil sie sehen, dass es möglich ist.

Fußball braucht langfristige Strategie

Usbekistans Teilnahme an der WM 2026 ist mehr als ein sportliches Ereignis – sie ist das Ergebnis einer mutigen, konsequenten und langfristigen Strategie zur Entwicklung des Fußballs. Der Aufbau von Jugendakademien, die Einführung eines strukturierten Ligasystems, politische Unterstützung und Investitionen in Talente haben das Land aus der sportlichen Bedeutungslosigkeit in die Weltöffentlichkeit katapultiert.

Dieser Weg ist vorbildlich – nicht nur für andere zentralasiatische Länder, sondern für alle Fußballnationen, die auf nachhaltige Entwicklung statt kurzfristige Erfolge setzen wollen. Usbekistan ist nicht mehr nur ein Land mit großem Potenzial. Es ist ein Land, das dieses Potenzial genutzt hat – und nun mit breiter Brust auf die Welt schaut.

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