Balljungs – Der Fußball Blog Rund um Bundesliga, Champions League und Europa League
Gladbacher im Interview: Arne Michaelis
Gladbacher im Interview: Arne Michaelis

Bei Borussia Mönchengladbach zum Profi? Arne Michaelis im Interview

| 1 Kommentar

Nik Staiger spricht mit Arne Michaelis von Borussia Mönchengladbachs A-Junioren über die laufende Saison, die schwere Verletzungszeit, U-Nationalmannschaften, seine Stärken und wie die Karriere weitergeht. (04.05.2022)

Nik Staiger: Dein Jahrgang 2003-2004 war in der U17 sehr erfolgreich. Bis zum Corona-Abbruch der Saison 19/20 spielte man in der B-Junioren Bundesliga West oben mit. Jetzt neigt sich die erste vollständige A-Junioren-Saison nach Corona dem Ende zu. Wie lief die Saison für euch?

Arne Michaelis: Vor der Saison hatten wir uns ganz andere Ziele gesetzt. Wir wollten direkt oben angreifen, wollten das Maximale herausholen und um die Meisterschaft kämpfen. In den ersten zwei, drei Spielen der Saison ist es dann aber direkt in eine andere Richtung gegangen und wir sind mit zwei Niederlagen in die Saison gestartet. Dadurch war direkt ein gewisser Druck da. Unsere gesteckten Ziele konnten wir früh nicht mehr erreichen. Wir haben versucht, die Situation ins Positive zu drehen. Aber im Großen und Ganzen haben wir es leider nicht wirklich geschafft, die Wende einzuleiten und das Ruder rumzureißen.

Es waren sehr bittere Niederlagen und Unentschieden dabei. Gegen Bielefeld, Oberhausen und Wuppertal haben wir jeweils in den Schlussminuten den Ausgleich bekommen. Dasselbe mit den Gegentoren zu den Niederlagen gegen Düsseldorf und Leverkusen. Das sind mindestens vier Spiele, die wir dominiert, aber in denen wir die Tore nicht gemacht haben. Dadurch haben wir uns leider selbst in die Situation gebracht, in der wir waren. Mit dem Klassenverbleib haben wir dann zumindest noch das Minimalziel erreicht. Aber insgesamt war es für die U19 leider eine schwierige Saison.

Abgesehen vom Tabellenplatz haben wir aber alle eine gute Entwicklung genommen. Ich war anfangs nicht dabei und konnte erst spät einsteigen. Ich finde aber, dass sich die Mannschaft als solche und die Spieler individuell gut entwickelt haben. Wir haben große Schritte gemacht, zwischenmenschlich und auf dem Platz. Keiner hat sich zum Schluss rausgenommen, jeder hat bis zum Ende gekämpft und so konnten wir gegen Viktoria Köln die wichtigen Zähler zum Klassenerhalt holen.

Dabei musstest du noch zusehen, wie deine Mannschaft ausgerechnet im Derby im NRW-Pokal (A-Junioren Ligapokal West) ausgeschieden ist. Du bist schon einige Jahre bei Gladbach, gibt es diese Derby-Rivalität auch in der Jugend? Wie fühlt es sich für die Mannschaft an, mit so etwas in die Saison zu starten?

Natürlich besteht auch im Jugendbereich eine gewisse Rivalität. Wir machen gegen andere Gegner nicht weniger, aber gerade bei Köln kennt man auch einzelne Spieler. Da geht man vielleicht noch einen Tick aktiver in die Zweikämpfe und versucht, das Duell schon im Kopf zu gewinnen.

Ich habe das Spiel von außen geschaut, hatte morgens sogar noch Training. Natürlich war das ein Downer. Wir haben leider insbesondere im Spiel gegen Köln nicht das gezeigt, was wir konnten. Dadurch kamen wir ins Nachdenken, sodass Köln dann spielerisch dominanter war.

Arne Michaelis beim Spielaufbau

Arne Michaelis beim Spielaufbau aus der Abwehr. (Foto: Borussia / Christian Verheyen)

Denkst du, diese Corona-Zeit ist verlorene Zeit in der Spielerentwicklung? Oder konnte man trotz der schwierigen Umstände individuell an sich arbeiten und den Entwicklungsprozess aufrechterhalten?

Für die Entwicklung von uns Spielern war diese Zeit nicht einfach. In der Jugend ist es das Wichtigste, dass man das in den Trainingseinheiten Gelernte im Spiel testen kann. Vielen Spielern fehlten in der Corona-Zeit einfach die Wettkampfstrukturen.

Ich habe mich am Anfang der Corona-Pause 2020 verletzt und bin bis in die Saison 2021/22 ausgefallen. Da hatte ich mehr oder weniger Glück, dass ich nicht allzu sehr abgehängt wurde. Dennoch habe ich ohne das Training natürlich viel verpasst, vor allem körperlich habe ich viel aufzuholen. Aber wenn es einen Zeitpunkt geben sollte, zu dem es vielleicht etwas weniger schlimm ist, sich zu verletzen, dann war es vielleicht dieser.

Nach deiner Genesung hast du dich in der U19 aber schnell festgespielt. Dabei hast du immer wieder bei der U23 mittrainiert und warst einmal sogar im Spieltags-Kader der Regionalliga-Mannschaft. Wie würdest du deine Saison individuell bewerten?

Ich muss sagen, dass ich schon etwas stolz bin auf meine Entwicklung, auf meinen Körper und mich selbst, dass ich das hinbekommen habe. Hätten wir vor einem Jahr gesprochen, hätte ich nicht gedacht, dass ich heute an diesem Punkt bin, an dem ich jetzt stehe. Ich war so lange verletzt. Meine Reha-Zeit war sehr hart für mich. Ich hatte zwischendurch sogar mal den Gedanken, aufzugeben, weil ich sehr viele Schmerzen hatte.

Ich bin Borussia sehr dankbar, dass ich dennoch für dieses Jahr einen Vertrag bekommen habe. Ich habe dann einfach alles reingeschmissen, was ich hatte. Ich habe gekämpft und geguckt, dass ich so gut wie möglich zurückkomme. Ich habe zu mir selbst gesagt: Alles, was kommt, ist gut. Und was nicht kommt, ist auch in Ordnung. Dadurch konnte ich frei aufspielen und mich selber verbessern. Es war ein tolles Gefühl, als ich nach 18 Monaten meinen Startelf-Einsatz gegen Duisburg bekommen habe. Ich denke, ich habe defensiv ein sehr gutes Spiel gemacht, wir haben zu Null gewonnen. Es war eine der besten Leistungen, die wir in der Saison bis dahin gezeigt haben. Seit dem Spiel war ich dann in der Mannschaft gesetzt, konnte Selbstbewusstsein tanken und Spielpraxis sammeln.

Im November stand ich dann gegen den Wuppertaler SV bei der U23 im Regionalliga-Kader. Ich hatte die Wochen vorher mittrainiert, weil dort viele Spieler ausgefallen sind. Und ich denke, dass ich einen ganz ordentlichen Eindruck hinterlassen habe. Ich hätte mir natürlich auch eine Einwechslung gewünscht. Bei einem anderen Spielverlauf wäre es vielleicht auch so gekommen. Leider war es nicht so, aber alleine diese Luft zu schnuppern und zu sehen, wie es im Männerfußball zugeht, war für mich sehr interessant. Ich hoffe, dass ich das in Zukunft noch häufiger erleben darf.

Arne Michaelis im Zweikampf mit Dortmunds Samuel Bamba

Arne Michaelis im Zweikampf mit Dortmunds Samuel Bamba. (Foto: privat)

Du bist frisch 19 geworden und bist damit aus der Jugend raus. Wie du eben sagtest, läuft auch dein Vertrag jetzt aus. Wie ist deine aktuelle Situation? Würdest du gerne bei Gladbach weitermachen?

Mein Vertrag läuft aus, richtig. Wir haben uns schon mit den Verantwortlichen von Borussia getroffen und die ersten Gespräche geführt. Aktuell gibt es aber noch nichts zu vermelden. Ich wäre natürlich froh, wenn das mit Gladbach klappt.

Ein anderes Team, das für dich interessant werden könnte, ist die Nationalmannschaft – der Traum eines jeden Fußballers. Jetzt bist du von Hansi Flicks Kader noch etwas entfernt. Wie sieht es bei den U-Mannschaften aus – gab es da schon mal Kontakt? Sehen wir dich bald im Deutschland-Trikot?

Tatsächlich! Das war mein persönliches Highlight in diesem Jahr. Ich habe einen Anruf von Teammanager Dennis Protzel bekommen. In dem Gespräch hat er mir gesagt, dass ich im Fokus der U19-Nationalmannschaft bin und dass ich Chancen habe, zu den Lehrgängen eingeladen zu werden. Leider hat es dann letztendlich nicht geklappt, auch nicht auf Abruf, aber das hat mich nicht weiter belastet.

Es hat mich sehr stolz gemacht, nach eineinhalb Jahren Verletzungspause und vier Monaten Training wieder im Fokus zu sein. Ich hätte ehrlicherweise selbst nicht gedacht, dass ich schon so weit bin. Ich hoffe aber und bin mir sicher, dass das nicht der letzte Anruf war, wenn ich weiter meine Leistungen zeige und Chancen bekomme. Weil ich weiß, was ich kann. Und nach den Teilnahmen an den U15- Nationalmannschafts-Lehrgängen würde ich natürlich auch gerne wieder das Nationalmannschafts-Trikot tragen.

Was sind diese Dinge, die du gut kannst? Was macht dich als Spieler aus?

Meine Position ist die Innenverteidigung und ich denke, dass ich ein sehr gutes Verteidigungsverhalten habe – sowohl im Eins-gegen-Eins als auch im Stellungsspiel und in Luftzweikämpfen. Ich schrecke auch nicht zurück, in Aktionen zu gehen, die mal wehtun. Das Defensivverhalten ist auf jeden Fall meine Stärke.

Dazu kommt, dass ich eine sehr temperamentvolle Rolle im Team habe. Ich bin einer der Kommunikatoren auf dem Platz. Ich rede sehr viel und versuche, das Spiel von hinten zu lenken. Dass ich im Team vorangehen kann, sehe ich als weitere Stärke.

Arne Michaelis

Arne Michaelis (Foto: Borussia / Christian Verheyen)

Beim Internetportal Transfermarkt bist du als beidfüßig gelistet. Häufig diskutiert man, ob die Spieler dann einfach einen „starken schwachen Fuß“ haben oder wirklich beidfüßig sind. Wie ist das bei dir?

Ich weiß nicht, ob man es wirklich beidfüßig nennen kann. Ich kann sowohl mit links als auch mit rechts spielen, dabei habe ich aber verschiedene Stärken mit rechts und links. Ich habe früh meinen linken Fuß trainiert, dadurch spiele ich als rechter und auch als linker Innenverteidiger. Meiner Meinung nach habe ich meine besseren Spiele auf der linken Seite gemacht. Ich denke, dass ich vor allem das Flachpassspiel mit dem linken Fuß sehr gut beherrsche.

Dafür habe ich im rechten Fuß etwas mehr Kraft. Den „englischen Ball“ kann ich mit links besser und präziser spielen. Den Flugball spiele ich genauer mit rechts. Den Chip-Ball spiele ich sehr gut mit links, aber in einer etwas anderen Variante dann besser mit rechts. Da kann ich gut variieren. Manchmal werde ich von Mitspielern angesprochen, wieso ich jetzt den linken oder rechten Fuß genommen habe. Grundsätzlich will ich den Ball einfach so gut wie möglich spielen.

Mit 19 bist du noch jung, da gilt es natürlich auch, sich weiter zu verbessern. Woran möchtest du in den kommenden Jahren arbeiten?

Auf jeden Fall an meiner Schnelligkeit. Vor meiner Verletzung habe ich sehr viele Laufduelle gewonnen. Seit meiner Verletzung fehlt mir vielleicht etwas die Spritzigkeit. Da will ich loslaufen und machen, aber mir fehlen noch die physischen Voraussetzungen. An Spritzigkeit und Explosivkraft möchte ich daher wieder zulegen. Auf meiner Position ist es wichtig, dass ich das aufholen kann, was ich durch meine Verletzungen verloren habe.

Außerdem bin ich jetzt bald im Männerfußball. Ich möchte mein Spiel mit dem Ball reifer und erwachsener gestalten. In den abweichenden Situationen und unter Stress möchte ich einen kühlen Kopf bewahren und etwas reifer und sauberer spielen.

Dabei orientieren Jugendspieler sich gerne an Vorbildern oder Idolen. Du auch?

Mein Vorbild ist Sergio Ramos, speziell auf meine Position bezogen. Wenn ich nervös bin und vor all meinen Spielen schaue mir Videos von Sergio Ramos an. Morgens am Frühstückstisch schaue ich mir schon mal seine Tacklings an. Ramos inspiriert mich extrem, weil er immer den vollen Willen hat, den Zweikampf zu gewinnen. Man fühlt, mit welchem Selbstbewusstsein er in den Zweikampf geht. Er spielt aggressiv, steckt nicht zurück und geht als Führungskraft voran. Das mag ich sehr gerne.

War dein erstes Trikot auch von Sergio Ramos?

Mein erstes Trikot war ein Lukas Podolski-Trikot aus der Nationalmannschaft, genauer von der EM 2004. Mein erstes Vereins-Trikot war von Torsten Frings bei Werder Bremen.

Quelle Titelbild: Borussia / Christian Verheyen

Autor: Nik Staiger (Twitter @Nik_Staiger)

Leseempfehlung:
SC Freiburg U19 unterliegt Borussia Dortmund in packendem Pokalfight | Spielbericht
„Wusste gar nicht, ob der SC Freiburg mich zurück will“ – Nicolas Höfler im Interview

Ein Kommentar

  1. Pingback: Adi Hütter: Krasse Fehleinschätzung statt Missverständnis

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.